In einem Interview mit dem amerikanischen Wall Street Journal vom heutigen 28. Dezember 2010 erklärt Arnaldo Otegi, dass die bewaffnete baskische Organisation ETA (Euskadi Ta Askatasuna, Baskenland und Freiheit) “sich darauf vorbereite, den bewaffneten Kampf zu beenden und ihr Ziel eines unabhängigen Baskenlandes mit friedlichen Mitteln zu verfolgen”. Arnaldo Otegi äussert sich im Interview nicht dazu, wann und ob eine entsprechende Erklärung von ETA zu erwarten sei, weist jedoch darauf hin, dass “Entwicklungen in der (nahen) Zukunft”, den Druck auf die spanische Regierung erhöhen würden, Verhandlungen über ein Ende des spanisch-baskischen Konflikts aufzunehmen.
Das Wall Street Journal führte das Interview mit Arnaldo Otegi auf schriftlichem Wege, da Otegi seit über einem Jahr von dem spanischen Sondergericht Audiencia Nacional in provisorischer Haft gehalten wird, also ohne Prozess und Urteil de facto interniert ist. Seine Aktivitäten als Politiker der abertzalen Linken, der baskischen linken Unabhängigkeitsbewegung, und seine Rolle als Verhandlungsführer und als einer der Verantwortlichen für die letzten Konfliktlösungsversuche versucht das spanische Sondergericht als Unterstützung von Terrorismus anzuklagen. Auch der Freispruch im ersten der verschiedenen anhängenden Verfahren im November 2010 führte nicht zu seiner Freilassung.
Die abertzale Linke hatte bereits im Februar 2010 nach einer ausführlichen internen Diskussion unilateral erklärt, künftig ihre Ziele mit ausschliesslich demokratischen und friedlichen Mitteln zu verfolgen. Appelle an die Konfliktparteien, diesem Weg zu folgen, beantwortete ETA mit einem Waffenstillstand. Die spanische Regierung antwortete mit einer Zunahme der Repression und mit Massenverhaftungen von Jugendlichen, Anwälten und Aktivisten der Internationalismus-Organisation Askapena.
Diese Politik der Massenverhaftungen im Umfeld der abertzalen Linken konnte jedoch die Friedensdynamik im Baskenland nicht aufhalten. Eine breite Bewegung, die über das Umfeld der abertzalen Linken hinausgeht, appelliert mit der Erklärung von Gernika (span: Guernica) vom September 2010 an ETA und an die spanische Regierung, ihre Konfrontationsstrategien zu beenden und eine friedliche Lösung des Konflikts zu ermöglichen:
“Die unterzeichnenden politischen und sozialen Organisationen und Gewerkschaften fordern ETA und die spanische Regierung auf, Entscheidungen zu treffen und Initiativen zu starten, die das beschriebene Szenario ermöglichen, ein gewaltfreies Szenario, abgesichert durch Garantien, und gekennzeichnet durch zunehmende politische Normalisierung.“
Im Interview mit dem Wall Street Journal erklärt Arnaldo Otegi seine Bereitschaft, mit der spanischen Regierung Garantien für die ehrlichen Friedensabsichten der baskischen Unabhängigkeitsbewegung zu vereinbaren. Man geht davon aus, dass solche Garantien durch internationale Beobachter umgesetzt werden könnten, wie sie die IRA zur Lösung des Nordirlandkonflikts akzeptierte.
Die wichtigsten Dokumente der derzeitigen Konfliktlösungsbemühungen finden sich in deutscher Übersetzung auf Info Baskenland im Themenschwerpunkt Konfliktlösung. Insbesondere sei hier auf die deutsche Übersetzung der Erklärung von Gernika vom September 2010 hingewiesen.
“Basque Group Makes Peace Offer”, Wall Street Journal vom 28.12.2010 (in englischer Sprache): weiterlesen >>