25.06.2009 | Ingo Niebel (Junge Welt vom 24.6.2009)

Spanien: Regierungsangriff auf die baskische und spanische Linke

Die spanische Polizei hat am Dienstag drei mutmaßliche Mitglieder der baskischen Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatsuna (ETA, Baskenland und Freiheit) festgenommen. Nach Angaben des Innenministeriums in Madrid sollen sie Anschläge vorbereitet haben. Unterdessen fordern die regierende Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) von Premier Jose Luis Rodriguez Zapatero und die oppositionelle Volkspartei (PP) von Mariano Rajoy ein erneutes Verbot der Linkspartei Internationalistische Initiative – Solidarität mit den Völkern (II-SP). Anlaß ist der Bombenanschlag vom Freitag in Bilbao. Dabei wurde ein Polizist getötet. Der Anschlag wird der ETA zugeschrieben.

Mit einer früheren Verbotsforderung waren die beiden Parteien vor der EU-Wahl vor dem Verfassungsgerichts gescheitert. Neben dem Verbot verlangen sie nun auch die strafrechtliche Verfolgung des II-SP-Spitzenkandidaten Alfonso Sastre.

Der über 80-jährige international bekannte Dramaturg hatte am 21. Juni in der linken baskischen Tageszeitung Gara einen Artikel über das Verhalten von PSOE und PP nach dem letzten ETA-Attentat publiziert. Darin tritt Sastre entschieden für eine Verhandlungslösung des gewaltsam ausgetragenen Konflikts im Baskenland ein. Die spanische Seite sieht hingegen in dem Text eine “Verherrlichung des Terrorismus” und nutzt die medial aufgepeitschte Stimmung gegen die baskische Linke, um die II-SP wieder verbieten zu lassen. Trotz massiver Wahlmanipulationen konnte die illegalisierte baskische Linke mittels der II-SP-Kandidatur zeigen, daß sie unter diesen Bedingungen 140000 Stimmen im Baskenland mobilisieren kann. Sastres Partei hat angekündigt, sie werde die EU-Wahl vor der Justiz anfechten.

Während PSOE und PP alle Hebel in Bewegung setzen, um Sastres Meinungsäußerung zu kriminalisieren, braucht der PP-Politiker Carlos Iturgaiz keine strafrechtliche Ahndung seiner Äußerungen zu fürchten. Er hatte am 22. Mai bei einem Wahlkampfauftritt in Leon zur ETA und II-SP gesagt: “Man muß sie in Europa mit dem Gesetz in der Hand vergasen”. Der Postfranquist gebrauchte das Wort “fumigar”. Es bedeutet, daß man Ungeziefer mittels Gas oder anderer chemischen Substanzen vernichten will. Iturgaiz' Aussage verbreiteten mehrere spanische Medien, aber sie blieb folgenlos.


Erstver?ffentlichung: Ingo Niebel in Junge Welt vom 24.6.2009

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