06.10.2014 | Arnaldo Otegi, baskischer politischer Gefangener

1986 präsentierte der damalige Präsident der UdSSR Michail Gorbatschow einen mutigen Vorschlag zur Abrüstung, der am 15. Januar desselben Jahres der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der Vorschlag brach mit der Logik des kalten Krieges und beunruhigte die führenden Eliten der kapitalistischen Länder sehr.

Der deutsche Kanzler Helmut Kohl, der sich zum Sprecher dieser Teile der westlichen Oligarchie machte, besaß 1987 die Unverfrohrenheit, die Friedensvorschläge des Präsidenten der Sowjetunion als nicht anderes als eine Kampagne a la “Göbbels” zu bezeichnen. In den USA erklärte der Nationale Sicherheitsberater von George H.W. Bush 1990: “Herr Gorbatschow ist nur daran interessiert, den westlichen Block zu spalten und denkt, der beste Weg dies zu tun, ist eine Friedensoffensive.”

Offensichtlich ist FRIEDEN nicht das, was die Finanzoligarchien wollen.

Ich habe diese Episode aus den späten 80er Jahren erwähnt, weil ich völlig überzeugt bin, dass das Bekenntnis zum FRIEDEN, das ETA in unserem Land abgelegt hat, großes Unbehagen in den Teilen der Finanzoligarchie hervorgerufen hat, die damals die sogenannte spanische politische “transicion” (den nahtlosen Übergang von der Franco Diktatur zur parlamentarischen Monarchie) vorbereiteten und vollzogen (und heute noch vollziehen).

Denn es gibt ein Problem in den spanischen Zentren der politischen Macht, und auch in den Medien und in der Wirtschaft: zu viele Leute sind der Meinung, dass die Existenz einer auf niederem Level agierenden ETA und eine abertzale Linke (baskische linke Unabhängigkeitsbewegung) mit beschränkten Rechten vorteilhafter ist, als das Ende der ETA. Denn solange die ETA existiert, ist das Baskenland gefangen und nicht in der Lage, sich zu bewegen. Hinter diesem Gedanken steckt die Idee, dass kein Ende der Gewalt besser ist als ein schlechtes Ende.

Nach so vielen Jahren des “Anti-Terrorismus” ist dieser ein politisches und ökonomisches Geschäft und es gibt Leute, die sein Ende fürchten. Deshalb verweigert der Staat ein um das andere Mal die ihnen entgegengestreckte Hand … sie werden das auch weiterhin tun. Machen wir uns da nichts vor.

Arnaldo Otegi, baskischer politischer Gefangener


Original (3.10.2014, in spanischer Sprache): siehe www.arnaldotegi.com weiterlesen >>

Foto: Verhaftung von Arnaldo Otegi am 13. Oktober 2009 im Gewerkschaftshaus der LAB in Donostia (San Sebastian), wo er in kleinem Kreis Details der neuen Friedensstrategie ausarbeitete. Er und seine Mitstreiter wurden dafür zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt.


Weitere Informationen über Arnaldo Otegi:

Die baskische linke Unabhänbgigkeitsbewegung (abertzale Linke) ist eine der stärksten linken Bewegungen in Europa. Arnaldo Otegi ist einer ihrer politischen Vordenker. Auf sein Drängen hin beschloss die abertzale Linke 2010 einen wichtigen Strategiewechsel, um den Kreislauf aus scheiternden Verhandlungen und eskalierender Gewalt zu durchbrechen. Die neue Friedensstrategie erzeugte in den vergangenen vier Jahren eine Dynamik von Aufbruch und Veränderung. Im Oktober 2011 erklärte ETA das Ende ihres bewaffneten Kampfes. Im Februar 2013 wurde Otegi in Abwesenheit zum Generalsekretär der neuen Partei Sortu gewählt. Lichtblicke, die Arnaldo Otegi aus dem Gefängnis heraus begleitet. Für sein politisches Engagement wurde er zu einer skandalösen Haftstrafe verurteilt. Seit fünf Jahren sitzt er im Gefängnis.

Das Buch “Lichtblicke im Baskenland – Interview mit Arnaldo Otegi” (PapyRossa, 2014) erläutert die neue Strategie der baskischen Linken: Initiativen zur Konfliktlösung / autarke Schritte, die zum Ende der Gewalt beitragen / Bildung eines starken linken Bündnisses / Partizipation der Bevölkerung vervielfachen / Massenbewegungen im Baskenland und internationale Unterstützung sollen den nötigen Druck auf Spanien (und Frankreich) erzeugen: Zum Buch >>

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