02.01.2014 | EPPK (vom 28.12.2013, in deutscher Übersetzung)
EPPK


Vorbemerkung: Die Erklärung des EPPK vom 28.12.2013, mit dem das Kollektiv der baskischen politischen Gefangenen auf die Empfehlungen des baskischen Sozialforums vom März 2013 antwortet, ist nach Ansicht der baskischen Linkspartei Sortu ein Meilenstein im Kampf um eine Änderung der Gefängnispolitik und für das Ende der Politik der Zerstreuung (Verlegung der Gefangenen in weit vom Baskenland entfernte Gefängnisse).
Die PSOE begrüßte die Entwicklung. Ihr ehemaliger Innenminister der Baskischen Autonomen Gemeinschaft (CAV), Rodolfo Ares, nannte die Erklärung einen “Fortschritt”. Die spanische Regierung schwieg. Die baskische konservative PNV, die derzeit den Regierungschef der CAV stellt, begrüßte die Erklärung ebenfalls, machte aber keine Aussagen ob und mit welchen Schritten sie für das Ende der strafverschärfenden Sonderpolitik gegenüber den baskischen politischen Gefangenen einzutreten gedenke.

Im folgenden veröffentlichen wir die Erklärung des EPPK in deutscher Übersetzung:

Das baskische Sozialforum traf sich im März 2013 und verabschiedete mehrere Empfehlungen zur Überwindung der Blockade des Konfliktlösungsprozesses. Einige dieser Empfehlungen betreffen unser Kollektiv. Auch wenn diese Empfehlungen nicht Ergebnis unserer eigenen Reflektion und Dynamik sind, enthalten sie zum einen Elemente zur Lösung und haben zum andern soziale und politische Unterstützung erhalten. Wir nehmen sie deshalb sehr ernst und haben sie in den vergangenen Monaten in unserem Kollektiv diskutiert.

Wir möchten auf die schwierigen Bedingungen und die Übergriffe hinweisen, denen unser Kollektiv ausgesetzt ist und unter denen es diese Diskussion führen musste. Obwohl der Grad an Repression im Gefängnis immer extrem ist und weit entfernt von einem Szenario, das man sich zwei Jahre nach der Entscheidung der ETA, den bewaffneten Kampf zu beenden, erhofft hätte, bewegt sich nichts. In einigen Fällen wurde die Repression sogar verschärft. Nichts von den neuen Zeiten ist hierher vorgedrungen. Wir sind Geiseln des spanischen und des französischen Staates und erleiden durch ihre Gefängnisverwalter die täglichen Härten eines Gefängisregimes, das dazu dient, uns und unsere Familien und Freunde zu zerstören.

Sie benutzen Gesetze und Verodnungen, um uns die uns zustehenden Rechte und Vergünstigungen für Gefangene zu verweigern, Entlassungen zu erschweren und zu verhindern. So haben sie ihre Gefängnisse gefüllt. Für baskische Gefangene ist die Politik der Zerstreuung gleichbedeutend mit Deportation. Aber mehr als für die Gefangenen erhöht die Zerstreuung das Leid der Angehörigen. In diesem Mechanismus ist Folter ein wichtiges Element. Es ist notwendig, die Gefängnispolitik und die gesetzlichen Bestimmmungen zu überarbeiten, zu evaluieren und den Schaden, den sie verursacht haben, zu beheben.

Sie benutzen nach wie vor die Gefängnispolitik für ihre politischen Ziele und Interessen, verletzen und brechen dabei fundamentale Rechte, wie das Europäische Gericht gerade gestgestellt hat (nach dem Richterspruch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte musste Spanien über 50 baskische Gefangene entlassen, deren Haftzeit die Regierung per Gesetz – Doktrin Parot – willkürlich verlängert hatte). Zuvor schürten sie Konfrontation, jetzt blockieren sie eine Lösung. Die Feinde der Freiheit für das Baskenland sind heute die Feine des Friedens. Sie versuchen, den demokratischen Prozess, der die volle Unterstützung der baskischen Gesellschaft hat, in den Gefängnismauern zu ersticken.

Im Bewußtsein dieser Absicht und um Schaden vom Prozess abzuwenden steht das EPPK zu seiner Verantwortung. Ins Gefängnis brachte uns das Streben nach politischer und sozialer Freiheit für unser Volk. Und auch im Gefängnis bleiben wir AktivistInnen. Und auch wenn für einige von uns viele Jahre vergangen sind, seit wir Freiheit jenseits dieser Mauern atmeten, fühlen wir uns der Zukunft unseres Volkes noch genauso verpflichtet wie an dem Tag, als wir den Kampf aufnahmen. In diesem Sinn haben wir den festen Vorsatz, weiterhin unseren bescheidenen Beitrag zu leisten, diese Reflektion und Initiative ist einer dieser Beiträge.

Das EPPK hat eine Position zu den Empfehlungen des Sozialforums erarbeitet. Es möchte die folgende politische Erklärung der baskischen Bevölkerung, den Vertretern der verschiedenen Organisationen, sowie den internationalen Individuen und Organisationen, die sich der Konfliktlösung verpflichtet fühlen, mitteilen:

1. Berücksichtigt man die Wurzeln und Gründe des politischen Konflikts, ist es aus unserer Sicht unerlässlich, seine Folgen zu lösen. Es bedarf einer klaren Roadmap, so dass der Konflikt, unter dem unser Volk leidet, eine gesamtheitliche Lösung findet. Der politische Ursprung des Konflikts verlangt eine politische Lösung.

2. Politische Normalisierung muss sich auf die Möglichkeit gründen, alle politischen Projekte in demokratischer Weise zu entwickeln. Um künftige Konflikte zu verhindern, müssen wir halbherzige oder falsche Auswege vermeiden. Das Land und seine Bürgerinnen und Bürger, dürfen nicht betrogen werden.

3. So wie die politische Lösung gesamtheitlich sein muss, braucht es auch eine vollständige Betrachtung der Konfliktfolgen, die jeden Aspekt einbezieht. Aufrichtig anerkennen wir all das Leid und den vielseitigen Schaden, der als Konsequenz des Konflikts entstand.

4. Wir unterstützen das neue Szenario, das nach dem Ende der bewaffneten Aktivitäten von ETA entstand, die politischen und demokratischen Wege und Methoden für die Freiheit des Baskenlands, wir stimmen den Entscheidungen, die in dieser Hinsicht getroffen wurden, zu. Deshalb bekräftigen wir nochmals unsere Abkehr von den Methoden, mit der in der Vergangenheit Unterdrückung, Repression und Verletzungen von Rechten bekämpft wurden. Wir sind dem neuen Szenario verpflichtet und das EPPK bekräftigt erneut seinen Willen, es zu stärken und zu konsolidieren.

5. Es ist dringend nötig, alle Sondersituationen und Sondermaßnahmen abzuschaffen. Mit einem rechtlichen Rahmen die politische Situation zu untermauern. Radikal die Gefangenenpolitik zu ändern und mit Priorität auf das Ende der Zerstreung hinzuarbeiten. Unsere Rechte anzuerkennen, unsere Heimkehr zu ermöglichen und eine gesamtheitliche Lösung in der politischen Arena anzustreben.

6. Als Konsequenz des Gesagten können wir anerkennen, dass unser Prozess der Heimkehr – unsere Verlegung ins Baskenland als Priorität und die Entlassung als Muss – durch die rechtlichen Kanäle erfolgt, auch wenn das für uns die implizite Anerkennung unserer Strafe bedeutet. Wir stimmen zu, dass das Gesetz und seine Anwendung eine wichtige Rolle für die Zukunft spielt, es muss genutzt werden, um die notwendigen Schritte zu untermauern.

7. Wir sind bereit, an einem kollektiven Plan zu arbeiten, uns versetzt, durch individuelle Verpflichtungen und in einem klug durchdachten Zeitfenster, heimzubringen.

8. Wir akzeptieren die volle Verantwortung für die Konsequenzen unserer politischen Aktivitäten im politischen Konflikt. Wir sind bereit, unsere individuelle Verantwortung in einem abgestimmten Prozess unter entsprechenden Bedingungen und Garantien zu analysieren.

Deshalb:

1.- wird das EPPK die Verantwortlichen des baskischen Sozialforums, sowie andere politisch Verantwortliche im Baskenland kontaktieren, um Einvernehmen herzustellen und Möglichkeiten zu finden, die Empfehlungen umzusetzen.

2.- Um die Überwindung der Sondermaßnahmen, unter denen die Gefangenen leiden, zu ermöglichen, will das EPPK in einen Austausch mit verschiedensten Gruppen treten, so dass Entscheidungen und Schritte nach vorn die nötige Unterstützung erhalten.

3.- Wir rufen die Bürgerinnen und Bürger, die Institutionen, soziale Organisationen und politische Parteien dazu auf, in einem weiten Konsens unsere Heimkehr zu ermöglichen. Nötig hierfür ist ein gesamtheitlicher Prozess, der unseren Charakter und unsere politische Würde nicht in Zweifel zieht.

4.- Es ist nicht die Zeit, sich hinter Schwierigkeiten und Hindernissen zu verstecken. Es ist Zeit für politische Verantwortung. JedeR hat politische Verantwortung. Auch wir, die wir Teil und Konsequenz des politischen Konflikts sind. Das EPPK streitet die eigene Verantwortung nicht ab, wir warten auch nicht auf andere, um Schritte zu gehen. Wir sind bereit, effektiv und aktiv für die Lösung zu arbeiten, mit derselben Bereitschaft wie in Zeiten des Konflikts. Alles was uns möglich ist wollen wir ohne Eigennutz für die Freiheit des Baskenlands beitragen.


Baskische Gefangene ins Baskenland!
Amnestie – Selbstbestimmung!
Dezember 2013. Das Baskenland ist in unseren Herzen.


English version: basquepeaceprocess.info read more >>

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